Gardinensteuer / belasting op gordijnen
Ein Mythos
Sobald ich in Deutschland jemanden neu kennenlerne und erzähle, dass ich in den Niederlanden wohne, kommen fast immer Fragen zu den Bräuchen, Unterschieden und Besonderheiten dort.
Oft beginnen diese Fragen mit: „Wie ist das eigentlich in den Niederlanden mit …?“
Genauso oft teilen meine Gesprächspartner ihre eigenen Eindrücke mit mir, und nicht selten höre ich dann: „In den Niederlanden kann man ja überall in die großen Fenster schauen. Liegt das etwa an der Gardinensteuer?“
Die gute alte Gardinensteuer – ein wunderbares Stück niederländischer Legendenbildung! 😊 Es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass die Niederländer früher tatsächlich eine Steuer zahlen mussten, wenn sie Gardinen an ihren Fenstern hatten.
Der Grund? Angeblich wollte der Staat sicherstellen, dass man ins Haus sehen konnte – als eine Art Kontrolle der Transparenz und Offenheit.
Die Wahrheit
In Wahrheit gab es nie eine Gardinensteuer in den Niederlanden. Tatsächlich spiegelt diese Legende eher ein kulturelles Klischee wider: Niederländer sind bekannt für ihre Offenheit, was sich auch in der Architektur zeigt. Große Fenster und oft keine Vorhänge sollen zeigen, dass man „nichts zu verbergen“ hat. Die offene Gestaltung der Wohnräume und die Liebe zum natürlichen Licht haben also eher kulturelle als finanzielle Gründe.
Die ganze Wahrheit ist allerdings, dass der Ursprung der ‘offenen Fenster’ wohl im Kalvinismus liegt, in dem der ehrliche Bürger nichts zu verbergen hatte. Um das zu zeigen, lies er also die Gardinen offen.
Die Legende der Gardinensteuer hat vermutlich denselben Ursprung wie die Legende von der deutschen Fenstersteuer (die es im 18. Jahrhundert tatsächlich gab, aber in England, Frankreich und den Niederlanden – nicht in Deutschland). Dort wurde die Anzahl der Fenster besteuert, was angeblich dazu führte, dass Menschen Fenster zumauerten, um Steuern zu sparen.
Die Gardinensteuer ist also ein charmantes Märchen! Aber ein wunderbares Beispiel dafür, wie stark kulturelle Eigenheiten in unseren Alltag und unsere Vorurteile hineinspielen. 😉